Wiener Schnitzel in Berlin
"Wo gibt es die besten Schnitzel in Berlin?"
So lautete das Motto der vierten 'Berlin Good Food Tour', die mir thematisch sehr entgegen kam. Um kulinarischen Heimweh-Attacken vorzubeugen ist es als Österreicherin ja immer gut zu wissen, wo es das beste Wiener Schnitzel in der deutschen Hauptstadt gibt. Eines mit knusprig goldiger Panade, die sich locker vom zart geklopften Kalbfleisch hebt und dir dabei der Duft vom warmen Butterschmalz in die Nase steigt.
Die Idee des Abends ist simpel.
Vier ausgewählte Lokale werden besucht und dabei je ein 'Lady-Schnitzel' verkostet. Man bewertet, stimmt ab, am Ende wird das Beste ermittelt. Von A nach B geht's praktisch mit dem Taxi. Dazu eingeladen hat der Lieferdienst Foodora, der auch schon bei vorangegangen Events wissen wollte, wo beispielsweise die beste Neapolitanische Pizza in Berlin zu finden ist.
Nun geht es dem Schnitzel an die Panade.
Der Abend startet früh und in illustrer Runde.Der Hunger scheint bei allen ziemlich groß zu sein, die Erwartungen ebenfalls. Ausgestattet mit unseren kleinen Kommentar-Zetteln sitzen wir gespannt im ersten Lokal.
Gasthaus Alt Wien - www.altwien-berlin.de
Ein "echter Österreicher" in Prenzlauer Berg. Alleine schon die Gaststube erinnert mich an die typischen Wiener Wirtshäuser, wie das Café Anzengruber oder Figelmüller. Auch die Speisekarte hält Spezialitäten bereit, die hier in Berlin eher unbekannt sind: Szegediner Gulyas, Zwiebelrostbraten oder Scheiterhaufen.
Die Erwartungen sind also dementsprechend groß als uns ein riesiger Berg Schnitzel vor die Nase gesetzt wird. Das Fleisch wurde (für uns?) außergewöhnlich dünn geklopft. Mir persönlich fast schon zu dünn, denn das Verhältnis zur etwas hart-körnigen Panade war leider nicht mehr so stimmig. Gewürzt war das Wiener (€ 18,50) aber top. Dazu gab es süß-säuerliche Preiselbeeren und die beste Überraschungs-Beilage des Abends:
Alt Wiener Erdäpfelsalat.
Die urtypische Hausmannskost kennen nur die wenigsten außerhalb von Wien/Österreich. Die meisten wussten daher nicht, was den Salat so besonders schmecken hat lassen. Er wurde jedoch von allen schwärmend zur No. 1 des Abends gekürt. Als Geheimnis dahinter vermute ich die klassische Wiener Marinade aus Essig-Zucker-Senf-Wasser. Zumindest haben die Kartoffeln genau danach geschmeckt. Eine echte Empfehlung!
Wo nochmal?
Gasthaus Alt Wien | Hufelandstr. 22 | 10407 Berlin | +49 (0) 30 - 70 12 96 10 | Di-Sa: 18H-24H Uhr & So: ab 12H
Das Grundrezept für österreichischen 'Erdäpfelsalat' gibt es zum Nachkochen ganz am Ende dieses Beitrages.
Restaurant Alpenstück - www.alpenstueck.de
Heimatküche. Das verspricht das kleine Süddeutsche Imperium 'Alpenstück' in Berlin Mitte, unsere zweite Adresse. Neben dem schicken Restaurant gibt es dort auch ein Café und die hauseigene Bäckerei (Schröderstr. 1). Man kann sich gut vorstellen, dass Bio-Qualität und Hausmannskost hier hohe Priorität genießen.
Ein wahrlich intensives Butter-Aroma erfüllt daher zügig den Raum als das Essen auf den Tisch kommt. Man möchte sofort in die köstlich duftenden Schnitzel (€ 22,90) beißen. Die Panade ist perfekt. Locker wölbt sie sich vom Stück Linumer Wiesenkalb ab, welches bei manchen dann aber leider zäh geraten ist und zum Punkte-Abzug führt. Für meine Portion kann ich das nicht bestätigen, dafür würde ich den schwäbischen Kartoffelsalat mit groben Senfkörnern eher zur knackigen Bratwurst servieren. Dezentes Senf-Aroma finde ich einfach stimmiger.
Neben dem gemütlichen Ambiente und dem freundlichen Service steht einem weiteren Besuch im Alpenstück aber nichts im Wege. Die Karte liest sich vielversprechend und ich könnte mich nur schwer entscheiden zwischen: Rücken vom Alpenrind mit Haselnusskruste - Kalbsmaultaschen - Orangenrisotto mit Nusskrokant oder Käsespätzle mit Allgäuer Bergkäs'.
Wo nochmal?
Restaurant Alpenstück | Gartenstraße 9 | 10115 Berlin Mitte | +49 (0) 30–217 516 46 | Täglich von 18H bis 01H
Jolesch - www.jolesch.de
Die Tante Jolesch, das bekannte Buch des österreichischen Schriftstellers Friedrich Torberg, ist Namensgeberin für das seit nunmehr 18 Jahren bestehende Lokal in Berlin Kreuzberg. Schon beim Eingang wird man vom flackernden Kamin empfangen, der Gastraum ist groß, dennoch gemütlich mit ordentlich Grün an der Wand.
Die ersten beiden Schnitzel im Bauch zollen allerdings ihren Tribut und führen zum befürchtenden Erschöpfungsmoment. Wir bestellen daher Obstler und Zwetschge und ab jetzt nur noch halbe Portionen zum Kosten. Was echt schade ist, denn die Schnitzel schmecken richtig gut, für einige von uns bereits der Sieger des Abends. Der Kartoffelsalat ist ebenfalls sämig und mit klassischem Vogerlsalat (Feldsalat) getoppt.
Manche Gäste könnte das Jolesch-Schnitzel (€ 18,-) allerdings durstig werden lassen. Die Panade ist klar die würzigste des Abends. Für manche Grund genug das zweite Bier zu bestellen. Wie immer, reine Geschmacksache. Wer der Portion nicht Herr wird, bekommt praktischerweise direkt ein Schnitzel-Körberl für zu Hause mit. Das hat Berlin den Wienern voraus. Dort wird meistens nur eine billige Rolle 'Stanniol-Papier' (Alu) auf den Tisch gestellt. Und zwar kommentarlos, wenn nicht aufgegessen wurde. Eben typisch Wiener Charme ;-)
Wo nochmal?
Restaurant Jolesch | Muskauer Straße 1 | 10997 Berlin | +49 (0) 30–612 35 81 | Mo-Fr 11H30H - 24H,
Samstag 17H bis 24H, Sonntag 11H30 bis 24H.
Schneeweiß - www.schneeweiss-berlin.de
Wer schon mal ein perfektes Wiener Schnitzel gegessen hat, der wird sich meist erinnern, wo das war. Auf meine Liste kommt ab nun das Schneeweiß in Berlin Friedrichshain dazu.
Tapfer verkosten wir unser letztes Schnitzel der Berlin Good Food Tour. Bereits nach dem ersten Bissen fällt die Entscheidung beinahe einstimmig. Das hier, genau das ist das beste Wiener Schnitzel des Abends!
Warum? Es bringt ein perfekt dosiertes Butteraroma mit. Das Kalbfleisch ist zart und wurde in die richtige Stärke geklopft. Die Panade sitzt locker und luftig (siehe Foto unten). Der Preis (17,50) ist mehr als stimmig. Der Kartoffelsalat kann ebenfalls was. Er wurde rund und dezent abgeschmeckt, kommt solo auf die Teller und vermischt sich somit nicht mit dem Gurken,- und Krautsalat, den es auch noch dazu gibt.
Der Laden selbst kleidet sich -welch Überraschung- komplett in weiß. Von oben bis unten und von vorne bis hinten, wo zum Abschluss noch ein alpin dekoriertes Kaminzimmer auf uns wartet. Ideal für einen Absacker.
Der Abend neigt sich daher bei einem letzten Achtel Veltliner. Leicht komatös, mit kleinen Augen, dickem Bauch, aber durchaus begeistert von der hohen Schnitzel-Qualität in Berlin.
Wo nochmal?
Restaurant Schneeweiß | Simplonstraße 16 | 10245 Berlin | +49 (0) 30–29 04 97 04 | Mo-Fr 18H-23H |
Sa, So 10H- 16H, 18H - 23H.
Wie angekündigt ein Rezept für
'Alt Wiener' Erdäpfelsalat
Grundrezept für 4-6 Portionen:
- 1 kg speckige (festkochende) Kartoffeln
- 6 cl Pflanzenöl
- 1 rote Zwiebel (ca. 80 g)
- 500 ml Wasser oder selbstgemachte *Rinderkraftbrühe
- 1 EL Estragonsenf
- 5 EL Essig (z.B. Hesperiden,- oder Apelessig)
- 2 EL Kristallzucker
- Salz, Pfeffer aus der Mühle
*Wer den Salat süßlich mag, der bereitet ihn mit Wasser und Zucker zu, wer es würziger mag, ersetzt diese Komponenten durch selbstgemachte Rinderbrühe (von Brühwürfeln würde ich hier aber tendenziell abraten).
So geht's:
Ungeschälte Kartoffeln in Salzwasser weich kochen. Abseihen, ausdämpfen lassen und noch warm schälen. Blättrig schneiden und rasch mit Öl übergießen. Wasser mit Senf, Essig und Zucker in einem Topf aufkochen und über die Kartoffeln gießen. Mit Salz und frisch gemahlenem Pfeffer würzen, gut vermischen und ca. 30 Minuten ziehen lassen. Nochmals abschmecken und mit fein geschnittener Zwiebel zu einem sämigen Salat vermengen.
Tipp:
Dieses Grundrezept (Quelle: Sacher-Kochbuch) kann durch vielerlei Abwandlungen, wie etwa durch Feldsalat, Gurken, knusprige Speckcroûtons, Kernöl oder Schnittlauch facettenreich variiert werden.
Guten Appetit und bis zum nächsten Ma(h)l!
Andrea
Foto-Credit©Robert Meinel / Foodora